Was mir heute wichtig ist

Zugewandte und aufmerksame – aktive Liebe
Kampf der Unaufmerksamkeit gegenüber Mensch, Tier und Sache
Persönliche Disziplin und inneres Wachstum
Gelassene Unruhe und konstruktive Unzufriedenheit
Kraft und Mut
Dankbarkeit

Es gibt einige mir besonders liebe Menschen zu denen mein Herz hin schlägt.

Im Nachdenken über sie fällt mir auf, dass dies die Menschen sind, die meine Unzulänglichkeit mir nicht nachtragen, die mir vergebend und / oder vertrauend begegnen. Kurz und salopp ausgedrückt: Menschen, die mich kennen und trotzdem lieben. Dies sind wahre Schätze des Lebens. Ich bin dankbar. Andere auf dieser Liste kenne ich noch nicht wirklich gut, doch sie machen auf mich den Eindruck, als würden sie genau dort hin passen – hier ist es eher die Hoffnung als die gesicherte Erfahrung, dass sie Menschen der vergebenden Zuwendung sind.

Darüber hinaus gibt es ganz viele Menschen denen ich zugewandt verbunden bin. Dies sind jedoch meist solche, denen gegenüber ich mich vorrangig in der Verantwortung sehe. Interessant ist, dass z.B. meine Kinder und meine erste Frau aus dieser „Kategorie“ in die obere gewandert sind. Sie sind also nicht mehr primär unter meiner Verantwortung sondern ich sehe sie als in der Beziehung zu mir voll verantwortliche und freie Gegenüber. Diese Freiheit bekommen diese Menschen genau aus dem „mir meine Unzulänglichkeiten nachsehen“ – also aus der Vergebung.

Vergebung scheint der Akt der Reifung zum Erwachsenen-da-sein zu sein. Es macht Beziehungen möglich ohne innere Abhängigkeit – weder in die eine noch in die andere Richtung.

Beziehungen sind der Veränderung unterworfen – in jeder Phase des Lebens gibt es die „passenden“ Beziehungen. Menschen, die mir nicht gut tun oder getan haben überlasse ich lieber sich selbst statt mich aufzureiben im Versuch hin-zu-biegen, was mich stört.

Das lässt mich oft hart erscheinen – es ist jedoch die Erkenntnis, dass ich machtlos darin bin und es der Zeit überlasse. Ich will lieber abwartend mein Herz offen für sie halten als mich im verletzenden Kampf aufzuzehren.

Das Leben lehrte mich zunehmend Geduld und Gelassenheit. Niemand kennt wirklich die Tränen, die ich über das Auseinanderklaffen zwischen gutem Anspruch an mich selbst und meinem Unvermögen geweint habe. Es ist ein schmerzhaftes Dehnen der Seele – gnädig zu werden – mit mir und, hoffentlich im gleichen Maße, mit anderen.

Solche religiösen Begriffe, wie Vergebung und Gnade sind in Wirklichkeit zutiefst existentiell. Es ist schön zu spüren, dass dies keine theologischen Worthülsen sind, sondern dass daraus Lebenskraft quillt. 

Frank Appel
Kerkrade, 23. Feb. 2006

 

back